
PM: Schutz für alle – gegen Stigmatisierung aufgrund von behördlichem Versagen!
BZI: Wir brauchen ALLE Schutz vor gewalttätigen Menschen – strukturelles Versagen auf behördlicher Seite darf nicht zur Stigmatisierung führen!
Während die Wunden der Tragödie von Magdeburg noch nicht verheilt sind, hat uns die Messerattacke in Aschaffenburg erneut tief erschüttert. Der Tod eines Kindes und eines mutigen Passanten, die Verletzungen weiterer Menschen und die unermessliche Trauer der Angehörigen hinterlassen uns sprachlos und zutiefst betroffen. Gleichzeitig müssen wir beobachten, wie dieses schreckliche Ereignis in der politischen und öffentlichen Debatte instrumentalisiert wird – und wie erneut die Gefahr besteht, dass Bürger/innen dieses Landes, nur weil sie Migrationshintergrund haben, pauschal stigmatisiert werden. Diese schreckliche Tat wirft zahlreiche drängende Fragen auf: Warum wurde sie trotz mehrerer eindeutiger Warnsignale nicht verhindert? Welche strukturellen Defizite in unseren Behörden ermöglichen es, dass solche Fälle immer wieder geschehen? Und warum lenken wir die Diskussion reflexhaft auf Migrant*innen, anstatt die tatsächlichen Probleme klar zu benennen und zu lösen?
Stigmatisierung führt in die Irre und spaltet die Gesellschaft
Didem Karabulut, Vorsitzende des BZI, fasst die Problematik zusammen: „Die wiederkehrenden Forderungen nach einer noch schärferen Migrations- und Asylpolitik verdecken den eigentlichen Kern der Problematik: ein eklatantes strukturelles Versagen auf behördlicher Seite. Der mutmaßliche Täter war mehrfach gewalttätig aufgefallen, ausreisepflichtig und in psychiatrischer Behandlung. Trotz dieser eindeutigen Warnzeichen wurden keine wirksamen Maßnahmen ergriffen. Nicht die Herkunft der Person ist das Problem, sondern das Versagen behördlicher Strukturen und Mechanismen.“
Immer wieder erleben wir, dass Attentate und Attacken genutzt werden, um ein verzerrtes Bild von Migrant*innen als „generell gewaltbereit und nicht integrationswillig“ zu zeichnen. Es wird kleingeredet oder ignoriert, dass auch Menschen mit Migrationshintergrund selbst Opfer von solcher Gewalt sind – und vor allem, dass – wie bei Menschen ohne Migrationshintergrund auch – der deutlich überwiegende Teil dieser Menschen friedlich lebt, arbeitet und unsere Gesellschaft mitgestaltet und weiterbringt. Diese einseitigen Darstellungen schüren Ängste bei allen hier lebenden Menschen, spalten die Gesellschaft und stärken extremistische und populistische Positionen.
„Wir haben eine gemeinsame Verantwortung“, fasst Didem Karabulut zusammen und ergänzt: „Wir sind weder eine homogene Masse, noch die ‚Anderen‘; sondern fester Bestandteil unserer Gesellschaft. Doch immer wieder das Bekenntnis ‚Ihr gehört dazu‘ oder ‚Wir gehören dazu‘ zu betonen, während gleichzeitig pauschalisierende Narrative über sie verbreitet werden, verletzt und hemmt das gesellschaftliche Ankommen vieler und schwächt uns als Gesellschaft.“
Die wahren Herausforderungen anpacken
Die Tat von Aschaffenburg sollte der letzte Weckruf sein. Wir müssen die strukturellen Defizite in unserem System endlich angehen, anstatt Menschengruppen pauschal zu kriminalisieren. Dazu gehört:
- Eine stärkere Abstimmung zwischen Behörden: Die Kommunikation zwischen Polizei, Ausländerbehörden, sozialen Einrichtungen und medizinischen Diensten muss deutlich verbessert werden, um Warnsignale rechtzeitig zu erkennen und zeitnahe Maßnahmen zu ergreifen.
- Eine menschenwürdige und differenzierte Asylpolitik: Menschen, die durch Krieg, Flucht oder psychische Erkrankungen in Ausnahmesituationen leben, benötigen gezielte Unterstützung und klare Verfahren. Gleichzeitig müssen bestehende Gesetze konsequent und rechtssicher, zeitnah angewandt werden.
- Solidarität statt Spaltung: Populistische Forderungen, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt und unsere Demokratie gefährden, dürfen keinen Platz in der politischen Debatte haben. Anstatt entlastender Scheindebatten müssen wir sachlich die eigentlichen Ursachen konfrontieren.
Ein Aufruf zu Sachlichkeit und Menschlichkeit
Wir fordern Entscheidungstragende dazu auf, berechtigte Kritik an strukturellen Defiziten ernst zu nehmen und verantwortungsbewusst zu handeln. Wir brauchen sachliche, lösungsorientierte und menschenwürdige Ansätze, die auf die wahren Herausforderungen abzielen, statt zu spalten. Nur so können wir als Gesellschaft wachsen und aus solchen Tragödien lernen – im Geiste von Solidarität, Differenzierung und Verantwortung, denn wir brauchen ALLE Schutz vor gewalttätigen Menschen.
Der Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat (BZI) ist der Bundesverband der kommunalen Integrations-& Migrations- Ausländerbeiräte und ihrer Landesdachorganisationen.