Europa. Vielfalt. Zusammenhalt? Unsere Analyse zur Europawahl 2019
Autorin: Clara Hofmann
Vorwort
Die Themen Migration, Flucht und Asyl haben in den letzten Jahren die Europäische Union und den Zusammenhalt der Mitgliedsstaaten in eine tiefe Krise gesteckt. Die Vision des gemeinsamen „Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ schien wie nie zuvor in weite Ferne gerückt. In den europäischen Gesellschaften wurden die Themen je nach politischen Konstellationen mal mehr mal weniger heftig diskutiert. Vor allem rechtspopulistische Parteien haben die Kontroversen und Unsicherheiten angeheizt und versucht, für sich den größtmöglichen politischen Nutzen zu ziehen.
Ungeachtet der hitzigen Debatten haben Deutschland, Niederlande, Schweden und andere europäische Gesellschaften eine große Bereitschaft zur Aufnahme von Schutzsuchenden gezeigt. In den Jahren 2015-2017 hat Deutschland allein über 1,5 Millionen Menschen aufgenommen, die aus Kriegs- und Krisengebieten kamen. Diese humanitäre Geste war allerdings auch von Auseinandersetzungen und vielerorts rassistischen und flüchtlingsfeindlichen Anschlägen begleitet. Allein in den Jahren 2016-2018 gab es über 7.200 Anschläge auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte.
Auf der europäischen Ebene fällt es vielen politischen Verantwortlichen immer noch schwer, Regelungskompetenzen zugunsten einer europäischen Migrations- und Asylpolitik zu akzeptieren. Während bei der Sicherung der Außengrenzen und „Bekämpfung von Fluchtursachen“ eine schnelle Einigung vorausgesagt werden kann, fällt der Zusammenhalt des europäischen Staatenbundes sofort auseinander, wenn es um Lastenteilung und Gewährung von Mindeststandards bei der Aufnahme von Geflüchteten geht. Weitere kontroverse Themen bleiben die Einwanderungspolitik und die Bekämpfung von Diskriminierung und Rassismus in der Gesellschaft.
Laut dem ARD-Europa Trend hält die Mehrheit der Deutschen (63 Prozent) die Politik in Europa für besonders wichtig. Ein Viertel der Befragten nennt die Zuwanderung für eins der wichtigsten Themen für Wahlentscheidung. Überschattet wird die Europawahl von einem guten Abschneiden europakritischer und rechter Parteien.
In der vorliegenden Analyse, beleuchtet Clara Hofmann die Wahlprogramme relevanter deutscher politischer Parteien zu den Themen Migration, Asyl und soziale Zusammenhalt. Offensichtlich ist, dass alle hier untersuchten deutschen politischen Parteien, sich zu diesem komplexen Politikfeld positionieren – wenn auch aus verschiedenen Blickwinkeln. Die Analyse zeigt deutlich die Unterschiede, aber die Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen politischen Parteien in der Akzentuierung ihrer Positionen.
– Dr. Deniz Nergiz (Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat)
Inhalte:
I. Einleitung: Was wir wollen – Ein Europa in Vielfalt, ein Europa des Zusammenhalts
II. Quo vadis, Europa? Framing und Schwerpunktsetzung in den EU-Wahlprogrammen
III. Vielfalt?! Parteipolitische Perspektiven auf europäische Identität, Werte und Kultur(en)
A. Europa: Idee oder Identität- Von europäischen Grundrechten und Grundwerten
B. Von Kultur, Religion und Einheit in Vielfalt: Parteipolitische Narrative der Zugehörigkeiten
IV. Gleiche Rechte leben: Antidiskriminierung und Teilhabe
A. Antidiskriminierungspolitik in der gesellschaftspolitischen und digitalen Sphäre
B. Demokratisierung der Demokratie: Politische Teilhabe, Kommunen und die Rolle der Zivilgesellschaft stärken
C. Für Empowerment – Gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
V. (Gemeinsam) Migrationspolitisch gestalten?
A. Europa als Einwanderungskontinent und Ort grenzüberschreitenden Arbeitens
B. Chancen einer sozialen Zuwanderung: Arbeitnehmer*innenrechte stärken?
VI. Europas Asylpolitik reformieren
A. Gemeinsame Schutzpflicht oder Sicherheit durch Grenzschutz?
B. Bleibe- und Rückkehrperspektiven: Komplementäre Schutzprogramme und Flüchtlingsmanagement
C. Entwicklungszusammenarbeit als „Fluchtursachenbekämpfung“ bzw. Fluchtmanagement
VII. Literatur: Die Wahlprogramme zum Nachlesen
VIII. Impressum