27 Jahre nach Solingen: Der Rassismus war nie weg
Demokratiebildung und Auseinandersetzung mit Rassismus, rechter Gewalt müssen in allen (!) Lehr- und Ausbildungspläne verankert werden.
Am morgigen Freitag (29. Mai) jährt sich ein trauriger Jahrestag zum 27. Mal: Fünf Menschen starben bei einem rassistisch motivierten Brandanschlag in Solingen. Memet Kilic, der Vorsitzende des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrats (BZI) dazu:
Deutschland hat auch 2020 Rechtsextremismus und Rassismus noch lange nicht überwunden. Die Zahl rassistischer Angriffe auf Personen, die nicht „deutsch“ genug aussehen, steigt stetig und die Hemmschwelle für das Sagbare wird tagtäglich gesenkt.
Der Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat (BZI) fordert deshalb die Entwicklung nachhaltiger Konzepte zur Überwindung rassistischer Denk- und Handlungsstrukturen, die den vielfältigen Demokratieverständnis stärken und für demokratiefeindliche Haltungen sensibilisieren. Der BZI sieht deshalb dringenden Handlungsbedarf im staatlichen Sicherheitsapparat, in Justiz, in Politik und Verwaltung, in den Medien und nicht zuletzt auch im Bildungssektor. „Hier wird es ohne zielgerichtete Investitionen in schulische und außerschulische politische Bildung nicht gehen”, betont Memet Kilic, Vorsitzende des BZI.
Kilic, begründet diese Forderung mit – für die Zivilgesellschaft nicht sichtbaren – strukturellen Verflechtungen:
„Genau wie in Solingen, Hoyerswerda, Rostock und Mölln wurden die NSU-Mordserie, die zahlreichen Anschläge auf Unterkünfte von Geflüchteten, rechte Terrornetzwerke wie bspw. Freital oder die Identitäre Bewegung, der Mordfall Lübcke, der Anschlag auf die Synagoge in Halle und nicht zuletzt das Attentat in Hanau durch ein rassistisch aufgeheiztes politisches Klima hervorgerufen, das in gefestigten Strukturen seinen Ursprung fand. Deshalb muss die Auseinandersetzung mit diesen Verbrechen und mit demokratiefeindlichen Positionen in allen Lehr- und Ausbildungsplänen verankert werden. Das schließt alle Bildungseinrichtungen von Kitas und Schulen über Hochschulen bis hin zu den Ausbildungsstätten von Polizei-, Justiz- und Verfassungsschutzangestellten mit ein.”
Der BZI setzt sich in seiner Arbeit gemeinsam mit den Mitgliedsverbänden dafür ein, dass die Opfer dieser Verbrechen und die Umstände die dazu führten nicht vergessen werden. Denn nur durch eine konsequente Erinnerungskultur kann das kollektive Gedächtnis der postmigrantischen Gesellschaft heilen und können rassistische Denk- und Handlungsmuster offengelegt und bearbeitet werden.
Vorsitzender des BZI
Memet Kilic
Der Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat (BZI) ist der bundesweite Zusammenschluss der Landesorganisationen kommunaler Integrations-, Migrations- und Ausländerbeiräte. Der BZI steht für 6.000 politisch aktiven Menschen mit Einwanderungsgeschichte in rund 400 demokratisch legitimierten kommunalen Migrationsbeiräten in fast allen Bundesländern und ist damit ein Wahrzeichen für gelebte Demokratie. Wir arbeiten religionen-, ethnien-, und parteiübergreifend.