Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat (BZI)

PM: Reform des Staatsangehörigkeitsrechts/ BZI warnt vor Herausforderungen in der Umsetzung

Reform des Staatsangehörigkeitsrechts: BZI warnt vor Herausforderungen in der Umsetzung 

 

Am 27. Juni 2024 tritt in Deutschland eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts in Kraft. Diese ist mit vielen Erleichterungen für einbürgerungswillige Mitmenschen verbunden. Zu den bedeutsamsten Neuerungen gehören eine verkürzte Wartezeit sowie die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft für alle für eine Einbürgerung in Frage kommenden Migrant*innen. Wichtige Forderungen des BZI, bspw. hinsichtlich des Umgangs mit staatenlosen oder einkommensschwachen Menschen, wurden von der Bundesregierung zu diesem Zeitpunkt leider nicht ins Gesetz übernommen. Wir verweisen an dieser Stelle auf unsere Pressemitteilung vom 16. Juni 2023. Dennoch begrüßen wir als BZI die beschlossene Reform des Staatsangehörigkeitsrechts und freuen uns auf den hiermit verbundenen Gewinn an Demokratie und Vielfalt.

Mit großer Sorge betrachten wir jedoch die sich anbahnende Situation in den Kommunen und Einbürgerungsbehörden. Schon lange wird vor einer Überlastung der Behörden gewarnt. Allein in Berlin warten momentan 40.000 Altanträge auf ihre Bearbeitung; das Land rechnet darüber hinaus für 2024 mit 50.000 neuen Anträgen. Von den insgesamt 5,3 Millionen Menschen, die seit mehr als zehn Jahren in Deutschland leben, und die damit zu großen Teilen bereits jetzt für eine Einbürgerung in Frage kommen, ließ sich 2023 nur ein verschwindend geringer Teil von 3,1 % einbürgern. Durch die neuen Regelungen wird für viele von ihnen die Einbürgerung jedoch deutlich attraktiver.

Die Zahlen zeichnen damit ein eindeutiges Bild: die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts wird mittelfristig nicht zu einer Zunahme der tatsächlichen Einbürgerungen führen können. Vielmehr wird der Rückstau in den Behörden zunehmen und die Zahl derjenigen Menschen, die auf eine Bearbeitung ihres eingereichten Antrags warten, steigen. Leidtragende sind die antragsberechtigen Einbürgerungswilligen, genauso wie die Mitarbeiter*innen in den Behörden.

Dabei gibt es bereits jetzt Lösungsoptionen unter Rückgriff auf etablierte Strukturen: seit Oktober 2023 setzt der BZI in bisher fünf Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz das Modellprojekt „Pass[t] Genau“ in Zusammenarbeit mit den dortigen Beiräten für Migration und den entsprechenden Einbürgerungsbehörden um. Im Zuge des Projekts werden einbürgerungswillige Menschen von ehren- und hauptamtlichen Engagierten aus den Beiratsstrukturen bei der Antragsbearbeitung beraten und unterstützt, sodass deren Anträge bestenfalls bereits vollständig und korrekt ausgefüllt bei den Einbürgerungsbehörden eingehen. Gleichzeitig kann die Möglichkeit einer Einbürgerung im Zuge der Erstberatung vorab geprüft werden. Dies kann einerseits die Behörden entlasten und damit andererseits Frust und lange Wartezeiten aufseiten der einzubürgernden Mitmenschen reduzieren.

„Pass[t] Genau“ ist mit Blick auf die oben beschriebene Sachlage ein wichtiger erster Schritt hinsichtlich der im Zuge der Gesetzesreform entstehenden Herausforderungen. Derzeit befindet sich das Projekt noch in einer Modellphase in Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz. Der BZI und seine Untergliederungen sind bereit, das Projekt bei entsprechender Finanzierung auf weitere Standorte auszuweiten und Kooperationen mit weiteren Behörden aufzubauen. Diesbezügliche Anfragen und Interessensbekundungen vonseiten der Einbürgerungsbehörden, der Integrationsbehörden und -beauftragten sowie der kommunalen Beiräte für Migration liegen dem BZI bereits aus mehreren Bundesländern und Kommunen vor. An ehren- und hauptamtlich Engagierten auf Seiten der Kommunen, Behörden und der Beiräte mangelt es also nicht.

Wir erwarten von Bund und Ländern, den absehbar finanziellen und personellen Bedarfen inklusive der dahinterstehenden Menschen gerecht zu werden, indem nicht zuletzt mehr Geld für die Bearbeitung der zunehmenden Zahl von Einbürgerungsanträgen bereitgestellt wird. Die Beiräte für Migration stehen als starker Partner der kommunalen Behörden bereit ihren Teil zur Erfüllung dieser Mammutaufgabe beizutragen. Mit dem Modellprojekt „Pass[t] Genau“ beweist der BZI nicht zuletzt bereits heute, dass er Willens und in der Lage ist, eine Schlüsselrolle im Kontext der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts zu übernehmen. Es liegt nun an Bund und Länder die entsprechende Finanzierung bereitzustellen, damit in weiteren Bundesländern die Behörden, Kommunen und unsere angehenden Mitbürger*innen von den bereits etablierten Strukturen der Beiräte für Migration profitieren können. Nur so können die mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts einhergehenden Herausforderungen strukturiert, zügig und in der Breite angegangen werden.

 

Der Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat (BZI) ist der Bundesverband der kommunalen Integrations-/Ausländerbeiräte und arbeitet seit 25 Jahren politisch neutral, religionen-, ethnien-, und parteiübergreifend.