Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat (BZI)

„Kraft schöpfen in der Krise aus den europäischen Werten“

Zum Europatag am 9. Mai 2020 erklärt der Vorsitzende des Bundeszuwanderungs- und Integrationrats, Memet Kilic:
„Der Europatag 2020 steht ganz im Zeichen zahlreicher politischer Herausforderungen und Konfliktlinien, wie auch schon im Vorjahr kurz vor den Europawahlen. Eine wesentliche Veränderung in diesem Jahr ist der Ausbruch der Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Maßnahmen, europa- und weltweit. Die aktuelle Pandemie bringt Grenzbäume zum Fallen, indem sie der Digitalisierung und wirtschaftlichen Solidarität einen großen Schub verschafft. Gleichzeitig verdichtet sie Schlagbäume an den EU-Binnengrenzen – mit gravierenden Folgen für den europäischen Binnenmarkt, die fiskalische Disziplin der Mitgliedsstaaten und die Asyl- und Migrationspolitik. Themenfelder, die dauerhaft zu den Konfliktlinien in der Europäischen Union gehören, stehen wieder im Rampenlicht.

Die größten Verlierer dieser Krise sind wie immer benachteiligte Gruppen, u.a. Asylbewerber*innen, Geflüchtete und Migrant*innen. Es fällt vielen europäischen politischen Verantwortlichen immer noch schwer, eine Einigung für Regelungskompetenzen und Lastenteilung, zugunsten einer europäischen Asylpolitik, zu finden. Migrant*innen und Geflüchtete, die bereits im Schengen-Raum leben, wiederum sind wesentlich stärker von den Konsequenzen der Krise betroffen. Nicht nur, weil Stellen in der Dienstleistungsbranche gekürzt werden, wo viele von ihnen arbeiten. Sondern auch aufgrund rassistischer und diskriminierender Übergriffe auch im Kontext der Pandemie.

Die Komplexität der aktuellen und zukünftigen Herausforderungen fordert europäische Lösungen. Die Kraft dafür steckt in den Errungenschaften und Grundpfeilern der europäischen Wertegemeinschaft, wie der Achtung der Menschenrechte, der Solidarität gegenüber Schwachen und Schutzbedürftigen und das Recht auf Gleichbehandlung. Dafür brauchen wir: – Eine harmonisierte Asylpolitik, die den Schutzinteressen der Menschen Rechnung trägt – Eine europäische Migrationspolitik, die den Schutz der Familie auch für Migrant*innen sichert und gesellschaftliche Teilhabe erleichtert, – Die Ausweitung der Rechte und Pflichten von EU-Bürger*innen auf Menschen aus nicht EU-Ländern, die dauerhaft im EU-Raum leben. Dazu gehört z. B. ein EU-weites kommunales Wahlrecht. – Die vollständige Verankerung von EU-Antidiskriminiereungsrichtlinien im nationalen Recht aller Mitgliedsstaaten.