Verdeckt, verdrängt und verstärkt – Der Fall NSU 2.0 ruft die Versäumnisse aus dem NSU-Fall wieder auf!
Nach dem ersten Drohbrief an die Anwältin Seda Basay-Yildiz, erhielt nun auch eine hessische Landtagsabgeordnete Morddrohungen mit der Unterschrift „NSU 2.0“. In beiden Fällen führten die Indizien zu der hessischen Polizei.
Der Vorsitzende des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrats (BZI), Memet Kilic, erklärt zu den Einzelheiten: „Dass ein rechtsextremes Netzwerk innerhalb der Polizei private Informationen ausspäht und erneut Morddrohungen mit dem Kürzel „NSU 2.0“ verschickt, verdeutlicht wieder einmal, wie groß die Gefahr rechter Gesinnung in unserer Gesellschaft ist. Seit dem ersten Drohbrief mit der Unterschrift „NSU 2.0“ sind fast zwei Jahre vergangen. Augenscheinlich sind die Ermittlungen und die von der Politik versprochenen Konsequenzen im Sand verlaufen. Genau diese Konsequenzlosigkeit bestärkt Rechtsextremisten weiter in ihrem Handeln. Die Wahrung der inneren Sicherheit ist ein hohes Gut und die wichtigste Aufgabe eines Rechtsstaates. Dass sich innerhalb der Polizei – dem Freund und Helfer – ein rechtsextremes Netzwerk ungestört bilden und verfestigen kann, ist beunruhigend.
Anlässlich des zweiten Jahrestags des Urteils im NSU-Prozess in München (11.07.2018) mahnt Kilic: “In den Ermittlungen der NSU-Falls wurden viele Fehler begangen, die eine lückenlose Aufklärung unmöglich gemacht haben, bspw. die Aktenvernichtung. Das Urteil hat mehr oder minder dazu beigetragen, dass die These der Einzeltäter bestätigt wurde. Rechtsextreme Netzwerke und Querverbindungen wurden dabei weitestgehend ignoriert oder kleingeredet. Mit dem jüngsten Drohschreiben bezahlen wir ein Stückweit auch für diese begangenen Fehler. Wir fordern, dass seitens der Generalbundesanwaltschaft rasch gehandelt wird, damit diese Fehler nicht erneut begangen werden. Gleichwohl erwarten wir, dass der Bundeskabinettsausschuss zu Rassismus und Rechtsextremismus (BKRR) sich ohne Vorbehalte und Hemmnisse mit Rassismus in unseren staatlichen Strukturen auseinandersetzt.”
Deniz Nergiz, Geschäftsführerin des BZI und Mitglied im Begleitausschuss der Migrantenorganisationen zum BKRR, ergänzt: “Alltagsrassismus und institutioneller Rassismus existieren nicht getrennt voneinander, sondern sind Teil eines komplexen Konstrukts. Um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückzugewinnen, muss der Staat das bestehende Rassismus-Problem ernst nehmen und aktiv bekämpfen, anstatt nur Lippenbekenntnisse abzulegen.“