PM Prozessauftakt gegen Bundeswehroffizier Franco A. – “Versäumnisse aus dem NSU-Fall dürfen sich nicht wiederholen!”
Zum Prozess-Auftakt am Donnerstag, den 20.05.2021, gegen den rechtsextremen Bundeswehroffizier Franco A. erklärt der Vorsitzende des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrats (BZI), Memet Kilic:
„Das Gerichtsverfahren gegen den Angeklagten kann und wird ihm wahrscheinlich eine individuelle Schuld zusprechen. Jedoch muss auch diese vermeintliche Einzeltat in einem weit größeren Kontext strukturell verortet werden. Mögliche Verbindungen zu anderen Netzwerken in staatlichen Institutionen, insbesondere innerhalb der Sicherheitsorgane, müssen aufgedeckt und aufgelöst werden.“
Bereits in den Ermittlungen des NSU-Falls seien viele Fehler begangen, weil rechtsextreme Querverbindungen weitestgehend ignoriert wurden: „Mit jedem rassistisch motivierten und rechtsextremistischen Fall büßen wir ein Stückweit für diese begangenen Fehler. Rechtsextremistische und rassistische Anschläge oder ihre Planung sind keine isolierten Taten. Dahinter stecken eine menschenverachtende Ideologie und ein Netz von Unterstützer*innen. Dies zu verkennen ist nicht nur gefährlich, sondern es begünstigt, dass gewaltbereite Netzwerke sich ungestört verfestigen. Es wäre ein fatales Signal, wenn wieder durch die Einzeltäter-These, die Rolle der Hintermänner- und Frauen verkennt und verdrängt wird“, mahnt Kilic an.
Gleichzeitig sei er beunruhigt darüber, dass „die sonst so gut organisierte Bundeswehr in jüngster Zeit immer öfter mit Rassismus-Problem auffällt und auch etwa 60.000 Schuss Munition und ca. 60 Kilo Sprengstoff vermisst werden. Wenn man Eins und Eins zusammenzählt, und das sage ich als ein ehemaliges Ratsmitglied der Inneren Führung der Bundeswehr (2000-2010), ist eine rasche Aufklärung vonnöten – bevor es zu spät wird.“
Von einer juristischen Aufarbeitung des Falls Franco A. verspricht sich der BZI vor allem eine Signalwirkung auf die rechtsradikale Szene: „Die lückenlose Aufarbeitung wird Demokratinnen und Demokraten, auch in den Streitkräften unseres Landes, stärken und ermutigen ihre Stimme gegen Rassismus und Rechtsradikale lauter zu erheben. Je lauter diese werden, umso schwächer werden gewaltbereite Rassisten in ihrem Tun und Denken!“ Die Justiz und die Politik müsse daher immer wieder deutlich machen, dass sie „unsere pluralistische demokratische Kultur gegen Extremisten verteidigen werden. Das können sie nur, wenn sie sich ohne Vorbehalte und Hemmnisse mit Rassismus innerhalb der staatlichen Institutionen auseinandersetzen“, so sein Vorsitzender Kilic.