Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat (BZI)

28 Jahre nach Mölln: „Wir müssen dort intervenieren, wo wir Rassismus vorfinden. Rassismen müssen benannt und unterbunden werden.“

Mit einer Presseerklärung gedenkt Memet Kilic, Vorsitzender des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrats (BZI), dem rassistischen Brandanschlag (1992) auf die Wohnhäuser türkischer Familien in Mölln:

„Die grausamen Ereignisse in Mölln waren für die Menschen in unserem Land ein Schock – aber keine Überraschung. Politiker*innen hatten sich schon zuvor gegenseitig mit einer ‚Das-Boot-ist-voll‘-Politik überboten. Wenige Tage nach Mölln, wurde der sogenannte Asylkompromiss verabschiedet. Dazu beigetragen haben auch Schuldzuweisungen gegen Einwanderer*innen und ein rassistisch aufgeladenes Klima. Nach dem Mauerfall hat diese Politik überhandgenommen – mit verheerenden Folgen: Hoyerswerda, Rostock, Mölln, Hünxe, Solingen und nicht zuletzt die NSU-Morde haben sich in unseren Gedächtnissen eingebrannt. Dabei ist es nicht geblieben, stattdessen füllt sich die Liste der rassistischen und rechtsterroristischen Gewalttaten in Deutschland.

Rassismus ist heute ein Problem der gesellschaftlichen Mitte. Die AfD heizt mit ihren Worten Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus im Bundestag und in allen Landesparlamenten an. Alltagsrassismus und Diskriminierungserfahrungen sind für viele Menschen zur Normalität geworden. Schulerfolge von Kindern hängen sowohl vom finanziellen Status als auch der Herkunft der Eltern ab. Auf dem Arbeitsmarkt spielt der (nicht-)deutsche Name häufig eine entscheidende Rolle. Institutioneller Rassismus in Behörden, Ämtern, Schulen und bei der Polizei sind besonders gravierend.

Der BZI sieht deshalb dringenden Handlungsbedarf im staatlichen Sicherheitsapparat, in der Justiz, der Politik, den Medien und nicht zuletzt auch im Bildungssektor. Vom Kabinettausschuss gegen Rassismus und Rechtsextremismus muss es einen konkreten Fahrplan geben, welcher umfassend angelegt ist und stabile Finanz- und Rechtsgrundlagen aufzeigt. Ohne zielgerichtete Investitionen und der konsequenten Durchführung jenes Fahrplans geht es nicht.

Die rassistischen und rechtsradikalen Kräfte sind unberechenbarer als je zuvor. Viele Menschen mit Einwanderungsgeschichte fühlen sich in Deutschland nicht ausreichend vor rassistischer Gewalt geschützt. Es darf jetzt kein ratloses Schweigen von der Mehrheitsgesellschaft geben. Wir müssen dort intervenieren, wo wir Rassismus vorfinden. Rassismen müssen benannt und unterbunden werden.

Der BZI setzt sich in seiner Arbeit gemeinsam mit den Mitgliedsverbänden dafür ein, dass die Opfer dieser Verbrechen und die Missstände, die dazu führten, nicht vergessen werden. Denn nur durch eine konsequente Erinnerungskultur kann das kollektive Gedächtnis der vielfältigen Gesellschaft heilen und rassistische Denk- und Handlungsmuster offengelegt und bearbeitet werden.

Pressekontakt: Dr. Nergiz, 030 450 89 119